Schweiz-Premiere: Internationales Netz-Kunst-Werk an Münsterstützmauer

Am 6. März, kurz vor dem Internationalen Frauentag, installiert die österreichische Künstlerin Katharina Cibulka ihr 240 m² grosses SOLANGE-Kunstwerk an der Stützmauer der Berner Münsterplattform – mit 125 cm hohen pinken Tüll-Buchstaben, dem bisherigen Rekord. Eingeladen wurde sie von Frieda.
Der **SOLANGE**-Satz auf der Münsterplattform in Bern – eine kraftvolle Botschaft für Gleichberechtigung, sichtbar in pinkem Tüll.

Am 6. März – zwei Tage vor dem Internationalen Frauentag – montiert die österreichische Künstlerin Katharina Cibulka ein 240 m2 grosses, von Hand im Kreuzstich besticktes Gerüstnetz an die Stützmauer der Münsterplattform in Bern. Der letzte Renovierungsabschnitt der Stützmauer an der Westseite dient als Projektionsfläche für ihr imposantes SOLANGE-Kunstwerk, das von der Kirchenfeldbrücke aus gut sichtbar ist. Die dreidimensionalen pinken Tüll-Buchstaben sind 125 cm groß – bisheriger Rekord! Cibulka wurde von Frieda – der feministischen Friedensorganisation eingeladen, ihre 31. Installation aus der internationalen SOLANGE-Serie in Bern zu realisieren.

Der SOLANGE Satz an der Münsterplattform in Bern mit der Künstlerin und dem Team von Frieda.
Der SOLANGE-Satz auf der Münsterplattform in Bern – gemeinsam mit der Künstlerin Katharina Cibulka und dem Team von Frieda umgesetzt. Foto: Livia Walker

SOLANGE ist ein internationales partizipatives Kunstprojekt im öffentlichen Raum. Durch die überdimensionalen, mit pinkem Tüll im Kreuzstich applizierten Statements wird auf gender-basierte Missstände aufmerksam gemacht. Jeder Satz beginnt mit «Solange.. » und endet mit «… bin ich Feminist:in». Das Spannungsfeld entsteht aus der Dynamik zwischen traditionell weiblich konnotiertem Handwerk und Männer-dominierter Baustelle. Jeder Installation geht ein partizipativer Prozess vor Ort voran. Unterstützt wird die künstlerische Intervention durch die städtische und kantonale Kulturförderung sowie die Burgergemeinde.

Ende November 2024 kam die Künstlerin erstmals nach Bern. Cibulka lud im Anschluss an ihre Vorträge und Workshops im Käfigturm alle Interessierten aus der Region zur Partizipation ein: Mittels eigens kreierter Postkarten bzw. über die sozialen Netzwerke konnten persönliche SOLANGE-Sätze eingesendet werden.

Die Resonanz und das Themenspektrum waren gross: In rund 130 SOLANGE-Sätzen wurden u.a. Gewalt gegen Frauen, Geschlechterstereotypen, Care-Arbeit, Beschämung, Angst vor Übergriffen und die ungleiche Machtverteilung thematisiert. Den lokal relevanten Missständen (die gleichermaßen international sind) liegt ein prägendes und seit langem wirkmächtiges System zugrunde: das Patriarchat. Dem SOLANGE-Team war es zudem wichtig, die Stützmauer als Fundament der Installation sprachlich sichtbar zu machen. In Kombination führte dies zur Kreation des Satzes: SOLANGE DU DICH AUF DAS PATRIARCHAT STÜTZT, BIN ICH FEMINIST:IN. 

Der **SOLANGE**-Satz auf der Münsterplattform in Bern – eine kraftvolle Botschaft für Gleichberechtigung, sichtbar in pinkem Tüll.
Der SOLANGE-Satz hängt bis August an der Stützmauer der Münsterplattform. Foto: Livia Walker

Dazu die Künstlerin Katharina Cibulka: «Das Patriarchat ist ein System der männlichen Dominanz, das tief in unseren sozialen, politischen und ökonomischen Strukturen verwurzelt ist. Wir alle sind Teil des Patriarchats und können uns nicht außerhalb stellen. Aber wir können beginnen, dieses zutiefst unfaire System bewusst zu verlernen («unlearn patriarchy»), indem wir neue Wege gehen. Wenn ich von dieser Münsterplattform aus in die Zukunft blicke, dann sieht diese so aus:
Männer spüren sich, zeigen ihre Gefühle, reden darüber und leben ihre Hilflosigkeit nicht mehr in Unterdrückungsfantasien und Gewalttaten aus. Sie verzichten auf einen Teil ihrer Privilegien zugunsten jener, die bislang benachteiligt waren. Frauen und queere Menschen sind in allen Entscheidungsgremien mindestens zur Hälfte vertreten, denn: Vielfalt und Kollaboration stärken uns alle, Männerdominanz und Konkurrenzdenken schwächen uns. Es gibt viele reizvolle Wege, die wir abseits der patriarchal ausgetretenen einschlagen können. Mit Mut und Zivilcourage geht es sich leichter. Let’s just do it, let’s unlearn patriarchy together!»

Das Patriarchat wirkt sich im täglichen Leben aus

Patriarchale Strukturen betreffen Frauen und queere Menschen in mehrfacher Hinsicht. Es gibt geschlechtsspezifische Erwartungen und gesellschaftliche Normen, die ihre Lebensgestaltung einschränken, beispielsweise in der Wahl und Ausübung bestimmter Berufe. Sie bilden eine teils unsichtbare, schwer zu überwindende Mauer. Besonders gravierend ist die Tatsache, dass Frauen häufiger Opfer von Gewalt werden, sei es in Form von sexueller Belästigung, häuslicher Gewalt oder Vergewaltigung. Diese Gewalt ist oft eine direkte Folge patriarchaler Machtstrukturen.

Zusätzlich sind Frauen überwiegend mit der ungleichen Verteilung von Care-Arbeit konfrontiert. Die ungleiche Arbeitsteilung führt zu einer Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, indem sie in ihrer beruflichen Entfaltung und finanziellen Unabhängigkeit eingeschränkt werden. Die gesellschaftliche Entwertung von Care-Arbeit wirkt als Verstärker.

Feminismus zeigt Wege zur Überwindung des Patriarchats auf

Feminismus fordert die Gleichberechtigung aller Geschlechter und eine Veränderung der bestehenden Machtverhältnisse. Er zielt auf die Schaffung einer Gesellschaft ab, in der alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, gleichermaßen Zugang zu Rechten, Ressourcen und Möglichkeiten haben. SOLANGE setzt sich – ähnlich wie andere feministische Bewegungen – nicht nur für eine Umverteilung von Macht, sondern auch für eine Transformation der benachteiligenden und rückwärtsgerichteten Werte und Normen ein. Zentral sind die Anerkennung und Förderung von Vielfalt, Solidarität und Gerechtigkeit.

Durch die Überwindung des Patriarchats tun sich Chancen auf

Eine Gesellschaft ohne patriarchale Strukturen würde nicht nur eine gerechtere Verteilung von Ressourcen und Macht bedeuten, sondern auch eine tiefgreifende Veränderung in den sozialen und kulturellen Normen, die das Zusammenleben prägen. Dazu gehört eine respektvolle und gleichwertige Zusammenarbeit aller Menschen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft. Nicht zuletzt leiden auch Männer an patriarchalen Wirkweisen, die nicht einem klassischen Norm-Schema entsprechen. In diesem Sinn möchte SOLANGE mit der Installation an der Stützmauer zur Diskussion anregen und Veränderung als Chance für alle verstanden wissen. Let’s go equal!

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